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Wagners Neunte

Werte Musikfreunde,

ich darf daran erinnern, dass schon der junge Wagner sich musikalisch mit Beethoven, konkreter: der 9., auseinandersetzte. Vor einigen Jahren war das Ergebnis dieser Arbeit in Wahnfried live erlebbar – eine Rarität: die Bearbeitung wie die Aufführung eben dieser Transkription.

Wenn Sie wissen wollen, wie die 9. in Wagners Fassung klingt – voilà:

Beste Grüße

Ihr Frank Piontek

Beethovens letzte herrliche Sinfonie“

Wieder in Wahnfried: Ádám Fellegi

Wagner selbst hat sie 1830 für Klavier eingerichtet: „Beethovens letzte herrliche Sinfonie“. Etwa gleichzeitig fand der dramatische d-moll-Beginn Eingang in sein e-moll-Orchesterwerk. Liszt bearbeitete die 9. gut drei Jahrzehnte später gleichfalls für Piano solo, und wieder sitzt der ungarische Pianist Ádám Fellegi am Steingraeber im ausverkauften Salon von Haus Wahnfried, wo er 2003 eine unvergessliche „Eroica“ spielte.

Von neuem bietet er eine zupackende, charakteristischerweise fast pausenlose Vorstellung: so schnell – doch nie überhitzt – wie schon der Beginn wird die ganze Symphonie in den Blick genommen. Fellegis Kunst besteht darin, die Akzente zugleich leicht und doch kräftig herauszuspielen. Die schnellen Läufe klingen wie Girlanden, und doch meißelt er gleichsam die Form aus dem Tonmaterial heraus: hier die stets elegante Rhythmik, dort ein d-moll, das selten so urgewaltig klang. Ist in den ersten beiden Sätzen das Tempo schnell, so ist es doch immer richtig, und keine Nuance geht zwischen der linken und der rechten Hand verloren. Wäre Musik „logisch“, diese Interpretation wäre die einzig ideale. Fellegi spielt, das ist vielleicht das Wunder dieses Abends, zugleich analytisch und musikantisch, und wir begreifen, daß Wagner sein Musikdrama auch aus dem Geist der Beethovenschen Symphonien heraus konzipierte. Im hörbaren Innendruck des Kopfsatzes sind schon, Fellegi macht es deutlich, die Aufwallungen der Walküre verborgen, erst recht im Scherzo, wo der punktierte Rhythmus auf den Walkürenritt zu verweisen scheint. Fellegi zeigt uns im alten Beethoven den jungen Wilden, und auch sein Andante besteht aus intelligenten Widersprüchen: die unendliche Melodie trägt bei ihm, wie Arthur Schnitzler gesagt hätte, den Schein „lächelnder Wehmut, wie ein getragener Wiener Walzer.“

Fellegis Kunst, die Klarheit mit der Poesie zu versöhnen, enthüllt sich gerade da, wo er den Reichtum der Polyphonie aus dem schwierigen Fingersatz scheinbar locker herausspielt. Der Schlußsatz, das ist nicht allein glockenheller Jubel, sondern auch die Verwunderung darüber, daß noch die Baßstimme während der Hymne ihr vitales Eigenrecht behält. Wie im Nebenbei werden die ideologischen Probleme dieses Finales beseitigt. Der Mann am Klavier beglaubigt, besser als jedes Orchesterkollektiv, Beethovens Idealismus, der doch der Dialektik der Aufklärung unterworfen war und täglich vernichtet wird. Da ist es nur ein wenn auch interessantes technisches Detail, daß die Einspielung der Singstimmen mit Fellegis Spiel völlig harmoniert (ein Videogerät machts möglich).

Wenn schließlich eine Fledermaus vom Hofgarten in den Saal fliegt und unter der Decke ihre Runden dreht, ist´s nicht, wie Cosima Wagner einst meinte, ein Unglücks-Omen: denn der ungarische Musikers bot das wahnfried- und wagnerwürdige Finale einer Konzertreihe, die in diesem Jahr mit so manchem hochdotiertem Festival konkurrieren konnte.

Frank Piontek

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