Werte Opern-Freundinnnen und -Freunde,
Mitte Juli 1850 schrieb Franz Liszt an Wagner folgenden Wunsch:
Vous disposé par la suite à entreprendre pour l’Alceste, Orphée, Armide, et Iphigénie en Tauride de Gluck,
un travail analogue à celui que vous avez fait sur l’Iphigénie en Aulide?
Wagner hatte zur Lohengrin-Zeit die Iphigénie gründlich bearbeitet und auch die Armide dirigiert und eingerichtet. Aus einer wagnerschen Alceste aber wurde nichts. Obwohl Wagner den großen Musikdramatiker Gluck in Maßen (das war mehr, als man bei Wagner erwarten konnte) schätzte, hat er sich als Dirigent und Bearbeiter nie mit dieser außergewöhnlichen Oper beschäftigt. Stattdessen hatte sein Kollege Reißiger im März 1846 das Dirigat dieses Werks an der Dresdner Hofoper übernommen – mit der Schröder-Devrient in der Titelpartie.
Lediglich ein einziges Mal kam Wagner später, soweit die Quellen einen Schluss zulassen, auf die Alceste zu sprechen. Am 21. Januar 1879 nahm man in Wahnfried, so Cosima Wagner, mit Josef Rubinstein am Klavier die Ouvertüre vor. Dann sang der Pianist den Herold – „das rührt und wirkt erhebend, ja selbst antik“, meinte R. Weiß man, welchen hohen Stand die (griechische) Antike bei Wagner einnahm, kann man auch ermessen, was dieses Lobwort für Glucks Meisterwerk bedeutet. Dass und wie er Gluck einigermaßen mochte, habe ich ja schon im 52. Teil des Wagner-Abos erwähnt.
Am Wochenende hatten wir in Bayreuth das große Glück, im Markgräflichen Opernhaus eine sehr schöne Aufführung der wunderbaren Alceste in einer Koproduktion der Musica Bayreuth mit den Internationalen Gluck-Opernfestspielen Nürnberg zu erleben – was da über die Bühne ging, können Sie hier nachlesen:
Und wie die Ouvertüre und der Herold klingen, der kurz nach derselben seinen einzigen Auftritt hat – hier ist’s zu hören:
Frank Piontek