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Aus gegebenem Anlass: Wagner über den Krieg (Zitat aus Religion und Kunst)

Es muss Bedenken erwecken, dass die fortschreitende Kriegskunst immer mehr, von den Triebfedern moralischer Kräfte ab, sich auf die Ausbildung mechanischer Kräfte hinwendet! Hier werden die rohesten Kräfte der niederen Naturgewalten in ein künstliches Spiel gesetzt, in welches, trotz aller Mathematik und Arithmetik, der blinde Wille, in seiner Weise einmal mit elementarischer Macht losbrechend, sich einmischen könnte. Bereits bieten uns die gepanzerten Monitors, gegen welche sich das stolze herrliche Segelschiff nicht mehr behaupten kann, einen gespenstisch grausenhaften Anblick: stumm ergebene Menschen, die aber gar nicht mehr wie Menschen aussehen, bedienen diese Ungeheuer, und selbst aus der entsetzlichen Heizkammer werden sie nicht mehr desertieren: aber wie in der Natur alles seinen zerstörenden Feind hat, so bildet auch die Kunst im Meere Torpedos und überall sonst Dynamit-Patronen und dergleichen. Man sollte glauben, dieses Alles, mit Kunst, Wissenschaft, Tapferkeit und Ehrenpunkt, Leben und Habe, könnte einmal durch ein unberechenbares Versehen in die Luft fliegen. Zu solchen Ereignissen in großartigstem Stile dürfte, nachdem unser Friedens-Wohlstand dort verpufft wäre, nur noch die langsam, aber mit blinder Unfehlbarkeit vorbereitete, allgemeine Hungersnot ausbrechen: so stünden wir etwa wieder da, von wo unsere weltgeschichtliche Entwickelung ausging, und es könnte wirklich den Anschein erhalten, „als habe Gott die Welt erschaffen, damit sie der Teufel hole“, wie unser großer Philosoph dies im jüdisch-christlichen Dogma ausgedrückt fand.

Richard Wagner: Religion und Kunst

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